Zusatz | Außen-, Sicherheits- und Identitätspolitik in Europa vor und nach dem Ende des Kalten Kriegs

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Prof. Dr. August Pradetto

Veranstaltungsart: Sonstige

Orga-Einheit: Politics, Administration & International Relations

Anzeige im Stundenplan: ZU AußernSicherheit

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 3,0

Standort: Campus der Zeppelin Universität

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 35

Prioritätsschema: Standard-Priorisierung

Inhalte:
Seminar Außen-, Sicherheits- und Identitätspolitik in Europa vor und nach dem Ende des Kalten Kriegs

Das Seminar wird in Blockform abgehalten und teilt sich in zwei Abschnitte.

Ausgangspunkt für die im Seminar zu leistende Analyse ist der Tatbestand, dass sich nach dem Ende des Kalten Krieges gegenüber einem anfangs eher institutionalistisch-inklusiven Kurs in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik - sowohl innerhalb Europas als auch nach außen - ein zunehmend von realistisch-exklusiven Elementen gespeister Trend durchsetzte. Belege dafür gibt es zuhauf: von der Abwertung der OSZE und der Aufwertung der NATO, über die Veränderung der Beziehungen zu Russland von einer „strategischen Partnerschaft“ zu einer neu-alten strategischen Gegnerschaft, bis hin zu einem Wandel europäischer Politik gegenüber den nordafrikanischen und nahöstlichen Anrainern: Die Politik kooperativen Dialogs wurde zunehmend von einer Politik des Regimechange überlagert. 

Zu beantworten ist die Frage, warum diese Veränderung stattgefunden hat, welche Determinanten und Mechanismen dafür maßgeblich waren, und mit welchen wissenschaftlichen Methoden und Instrumenten plausible Erklärungen vorgelegt werden können.   

Diese Frage wird erstens vor dem Hintergrund von Entwicklungen und Erfahrungen bzw. Perzeptionen zu beantworten versucht, die dem Paradigmenwechsel, der 1989/91 eintrat, zugrunde lagen. Relevant erscheinen auf der einen Seite vor allem die mit dem Untergang des Kommunismus wahrgenommene Überlegenheit des „westlichen Systems“, die positiven Erfahrungen in Westeuropa mit der Integration vormals verfeindeter Länder seit dem Zweiten Weltkrieg, die historisch erstmalige „Lösung“ der „deutschen Frage“ durch diese Integration sowie (nicht zuletzt qua NATO) die Bindung an die USA als Garantiemacht sowohl für die Sicherheit Westeuropas gegenüber dem Warschauer Pakt als auch mit Blick auf das Kräftegleichgewicht in Europa; schließlich die als erfolgreich bewertete Entspannungspolitik. Auf der anderen - östlichen - Seite fallen vor allem die Entwicklungen und Erfahrungen mit der sowjetischen Hegemonialmacht und den nationalen Emanzipationsbestrebungen, der Niedergang der sozialistischen Ökonomien und deren desolate Lage Ende der 1980er Jahre sowie der Identitätsverlust und die daraus resultierenden Orientierungsbedürfnisse ins Gewicht.

Aus dieser komplexen Gemengelage folgten divergierende und teils gegensätzliche politische Strategien, wie sie sich z.B. in der deutschen postbipolaren Außen- und Sicherheitspolitik in den unterschiedlichen Ansichten und Politiken von Hans-Dietrich Genscher (bis 1992 Außenminister) und Volker Rühe (ab 1992 Verteidigungsminister) manifestierten. Darüber hinaus gab es einen dritten maßgeblichen Trend einer emanzipatorisch-realistischen Strategie größerer europäischer außen- und sicherheitspolitischer Autonomie. 

Im zweiten Abschnitt des Seminars werden die hauptsächlichen Bedingungsfaktoren und zeitgeschichtlichen Ereignisse herausgearbeitet und analysiert, die dem eingangs genannten Trend von einer institutionalistisch-inklusiven zu einer realistisch-exklusiven Außen- und Sicherheitspolitik innerhalb Europas und nach außen zugrunde lagen. Zugleich bedeutet dies eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Gewichtungen und Bewertungen divergierender politischer und wissenschaftlicher Positionen, die Erklärungsansätze liefern, und ihrer theoretischen und methodischen Prämissen.

Ausgehend von den genannten Strategien für die postbipolare Entwicklung Europas, werden die Hauptinhalte des zweiten Teils demnach die Verschiebung der Machtverhältnisse in Europa durch die Auflösung der bisherigen kontinentalen und globalen Ordnung sein. Dazu kommen die Versuche einer Rekonstruktion funktionierender Nationalstaaten und des Nationbuilding im gesamten östlichen Teil Europas. Wesentlich sind darüber hinaus das Verhältnis von Integration und Exklusion mit Bezug auf unterschiedlichen institutionelle Lösungen für die Gestaltung einer europäischen Sicherheitsordnung sowie Fragen des Identitybuilding und politischer Profilierung auf unterschiedlichen Ebenen europäischer Politik, in unterschiedlichen Politikbereichen und in unterschiedlichen politischen Systemen.

Die Betrachtung relevanter Entwicklungen und Strategien einerseits vor dem Ende des Kalten Krieges und andererseits danach soll die Pfadabhängigkeiten und Konnexe verdeutlichen, die in den vergangenen 25 Jahren beim Versuch einer Neukonstruktion einer internationalen und europäischen Ordnung eine Rolle spielten. Unter Akteursgesichtspunkten wird erkennbar, wie Sozialisationen und Rückgriffe auf bekannte Muster eine spezifische Verbindung mit Herausforderungen und Möglichkeiten eingingen, die aus dem Zusammenbruch der bipolaren Weltordnung und der politischen Systeme im östlichen Teil des Kontinents resultierten bzw. als solche wahrgenommen wurden.

Lernziele:
Erstes Lernziel ist, die wesentlichen historischen Voraussetzungen und strukturellen Determinanten gegenwärtiger Außen-, Sicherheits- und Identitätspolitik in Europa zu erfassen. Gleichzeitig sollen am Beispiel der europäischen Zeitenwende 1989/91 die Probleme, Herausforderungen und Chancen deutlich werden, die mit dem Kollaps einer internationalen Ordnungsstruktur und den Versuchen ihrer Neukonstruktion einhergehen.

Zweitens sollen die maßgeblichen Strategien europäischer Außen-, Sicherheits- und Identitätspolitik bestimmt und bezüglich ihrer Inhalte, Prämissen und Konsequenzen befragt werden.

Drittens sollen die theoretischen Ansätze erschlossen werden, mit denen der Gegenstand zu erfassen und zu erklären versucht wird. Simultan erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Begriffen und Kategorien, die für diese Ansätze zentral sind.

Schließlich soll damit das analytische und methodische Instrumentarium geschärft werden, das die politikwissenschaftliche Untersuchung der genannten Entwicklungen und Prozesse ermöglicht.

Weitere Informationen zu den Prüfungsleistungen:
Leistungen: Lektüre und Vorbereitung der angegebenen Literatur, Referat und zugehöriges Handout.

Die Veranstaltung hat die Form eines Seminars. D.h jeweils ein oder zwei Studierende bereiten selbstständig ein Impulsreferat (max. 30 min.) zu einer der unter „Inhalten“ genannten Themenstellungen vor. Nach der Anmeldephase unterbreite ich je nach Anzahl der Teilnehmer per Mail entsprechende Vorschläge.

Zugelassene Hilfsmittel für die Prüfung:
Für die unter „Weitere Informationen zu den Prüfungsleistungen“ genannten Arbeiten sind Hilfsmittel erlaubt.

Literatur:
Grundlagenliteratur wird zusammen mit den Themenstellungen für Referatsgruppen an die Teilnehmer übermittelt.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
1 Fr, 10. Nov. 2017 13:30 19:00 Fab 3 | 2.08 Prof. Dr. August Pradetto
2 Sa, 11. Nov. 2017 10:00 16:00 Fab 3 | 2.08 Prof. Dr. August Pradetto
3 Fr, 24. Nov. 2017 13:30 19:00 Fab 3 | 1.08 Prof. Dr. August Pradetto
4 Sa, 25. Nov. 2017 10:00 16:00 Fab 3 | 1.08 Prof. Dr. August Pradetto
Veranstaltungseigene Prüfungen
Beschreibung Datum Lehrende Bestehenspflicht
1. Endterm k.Terminbuchung Ja
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende
Prof. Dr. August Pradetto