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Instructors: Prof. Dr. phil. habil. Gloria Meynen
Event type:
Seminar
Org-unit: Communication & Cultural Management
Displayed in timetable as:
Kultur-& Medienwiss.
Hours per week:
2
Credits:
4,0
Location:
Campus der Zeppelin Universität
Language of instruction:
German
Min. | Max. participants:
10 | 35
Priority scheme: Standard-Priorisierung
Course content:
Von der Autobiographie zum Selfie, dem privaten Tagebuch zum digitalen Profil bleibt die Frage nach dem Selbst ambivalent. Der Psychoanalytiker Jacques Lacan erblickt im „primären Narzißmus“ den ersten Ich-Bildner – erst wenn wir in den Spiegel blicken, uns selbst in unnahbarer Ferne sehen, können wir »Ich« sagen. Das Ich entstehe als „durch das Bild ausgelöste Verwandlung“. Der Mediengebrauch ist für die Ich-Bildung konstitutiv. So widmet Marshall McLuhan keine zwanzig Jahre später dem Narziss einen eigenen Auftritt in Understanding Media: Medien entstehen, so McLuhan, als Alienationen und Zäsuren unserer Sinne. Das Wort mit der eingebauten Selbstreferenz ist uns näher als die eigene Haut und doch so fremd. Das Ich muss mit einem Atemzug sich selbst und einen anderen bezeichnen: Auf uns verweisen kann es nur, wenn es uns verfehlt: Gespenst und Glitch ist. So ist die Geschichte der Selbsttechnik eng mit den Artefakten und Doppelgängern verbunden: jenen Medien, die das Gesicht erst zeichnen müssen, damit es lesbar, sichtbar und hörbar wird.
In den sozialen Netzwerken ist nichts fluider als die Rede vom Ich. Der „primäre Narzißmus“, den die Psychoanalyse in eine graue Vorzeit versetzt, hat ein ungeahntes Revival erfahren. Was also ist aus dem Spiegelstadium unter digitalen Bedingungen geworden? Wen sehen wir, wenn wir uns selbst im Netz verdoppeln? Uns selbst oder die Technologien der Social Media? Und ist die angenommene Spaltung in Körper und Spiegel-Ich nicht minderkomplex, wenn das Ich in den Genderdebatten in zahlreiche Identitäten zerfällt? – Mit vier medialen Schnitten – Buch, Radio, Film und den social media – soll vergleichend nach den Codes, Ästhetiken und Narrationen der Selbsttechnik gefragt werden. Unter welchen medialen, kulturellen, ästhetischen und soziologischen Bedingungen sprechen wir vom Ich? Wie ist das Verhältnis zwischen Selbst- und Soziotechnik beschaffen – welchen Anteil haben die Technologien des Staats, der Ökonomie, der Bildung, Erziehung und der Medizin an den Konstruktionen des Ichs? Urs Stäheli fordert die Entnetzung. Gert Loovink setzt gegen den sekundären Narzißmus der social media ein Netcore, abgeleitet von Normcore. Wie sieht eine Kritik der Selbsttechniken unter digitalen Bedingungen aus?
Educational objective:
Das Seminar versteht sich als Einführung in die Grundlagen im Recherchieren, Lesen und Aufbereiten kultur- und medientheoretischer Quellen. Am Ende des Seminars haben Sie gelernt, kultur- und medienwissenschaftliche Fragestellungen eigenständig zu recherchieren und sowie diese auf eine Schreibidee hin zu skalieren.
Further information about the exams:
Impulsreferat und Essay (10 S.)
Admitted Aids:
Alle fremden Gedanken, Sätze und Redewendungen, die Sie aus mündlichen oder schriftlichen Quellen (Radio, Film, Vortrag, Fernsehen, Youtube, Internet, Podcast, ...) beziehen, sollten Sie hinreichend kennzeichnen und nachweisen.
Unter den Schlagwörtern »Einführung« und »wissenschaftliches Arbeiten« finden Sie zahlreiche Bücher in der ZU-Bibliothek, die Sie eingehender mit den Techniken und Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens vertraut machen. Ein Klassiker ist Umberto Eco, Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt: Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften, 11., Aufl., Heidelberg 2005. Das Buch ist auch vor jeder Abschlussarbeit empfehlenswert.
Mandatory literature:
- Andreas Bernard: Komplizen des Erkennungsdienstes: Das Selbst in der digitalen Kultur, Frankfurt 2017.
- Michel Foucault: Die Regierung des Selbst und der anderen. Vorlesungen am College de France (1982/83). Frankfurt a. M. 2012.
- Friedrich Kittler: Grammophon, Film, Typewriter, Berlin 1986.
- Jacques Lacan: Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion wie sie uns in der psychoanalytischen Erfahrung erscheint. Bericht für den 16. Internationalen Kongreß der Psychoanalyse in Zürich am 17. Juli 1949, in: ders.: Jacques Lacan: Schriften 1, Freiburg, S. 61–70.
- Gert Loovink: „Jonathan Franzen als Symptom“. in ders.: Im Bann der Plattformen: Die nächste Runde der Netzkritik, Bielefeld 2017, S. 163-188.
- Thomas Macho: Mit sich allein. Einsamkeit als Kulturtechnik, in: Aleida und Jan Assmann (Hrsg): Einsamkeit. Archäologie der literarischen Kommunikation VI, München (Wilhelm Fink) 2000, 27-44.
- Marshall McLuhan: Understandig Media, the Extensions of Man, Critical Edition, London 2002.
- Urs Stäheli: „Aus dem Rhythmus fallen. Zur öffentlichen Entnetzung“, Kursbuch 177 (2014), S. 66–77.
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