Instructors: Prof. Dr. phil. habil. Gloria Meynen
Event type:
Seminar
Org-unit: Communication & Cultural Management
Displayed in timetable as:
Speculative Design
Hours per week:
3
Credits:
6,0
Location:
Campus der Zeppelin Universität
Language of instruction:
German
Min. | Max. participants:
5 | 30
Priority scheme: Standard-Priorisierung
Course content:
DONT_DIY_
Zur Theorie und Kritik partizipatorischer Kulturen
Kapitän Nemo wandte der Gesellschaft über Normal Null den Rücken zu. Er fand alles, was er zum Leben brauchte, im Meer. Die Nautilus war eine Schattenwelt, die die Welt in der Welt verdoppeln, sie im Krisenfall vervielfältigen und verbessern wollte. Das dampfbetriebene Gehäuse aus Nieten und Stahl, das die Molluske niemals verliess, war Arche Noah, Insel und Werkbank: Inkubator einer Welt, die man kielunter selbst zusammenschrauben und neu erschaffen konnte. Die »nimmermüde Nährmutter«, Nemos Rufname für das Meer, versprach endlose Ressourcen: Insulare Lebensformen, Selbstbestimmung und Autarkie, Partizipation und Survival. Wenn die Welt am Tag X zerstört und verschwunden sein wird und wir mit ihr, nach dem atomaren Erstschlag, dem dritten Tag von Woodstock, dem Klimawandel und der finalen Flut schlägt die Stunde der Hippies, Prepper und Caravanfahrer: den Überlebenden am Tag danach.
150 Jahre nach Jules Vernes‘ Unterwasserroman 20.000 Meilen unter den Meeren lädt das Seminar Sie dazu ein, eine kurze Geschichte der DIY-Bewegung von der amerikanischen Frontierbewegung bis zum Last Man on Earth, vom Whole Earth Catalog bis zum FabLab mit aktuellen Beispielen und Protagonisten der DYI-Bewegungen zu diskutieren. Gibt es in den Coworking Spaces der Startups, auf dem Mond und in der Wüste Obi, einen Zusammenhang zwischen Partizipation und Survival? Wie sehen die Architekturen der Singularität, die Missionen der Autarkie, die Heilsversprechen unbedingter Selbstbestimmung, die Utopien insularer Lebensformen, die Selbsttechniken eines algorithmischen Ichs aus? Ist das unternehmerische Selbst eine Reparatur, das digitale Ich ein Upcycling: eine Wiederverwertung eines Ichs, das längst untergegangen und verschwunden war? Was haben Punk und Ich-AG gemeinsam? Oder findet gar die radikale Selbstbestimmung ihre größte Erfüllung in der Verneinung »Don‘t do it yourself«? Ist das Selbst ein Readymade, das seine Widerständigkeit gerade darin findet, nicht getakert, geschraubt und aufgebohrt werden zu können? Und auf welcher Insel kann man diese Form der Verneinung züchten und mulitplizieren? Kann eine Kritik an DIY am Ende dem Imperativ der Selbstmanufaktur entkommen – muss Kapitän Nermo auftauchen, die Molluske ihr Gehäuse verlassen?
Educational objective:
Am Ende des Seminars verfügen Sie über fortgeschrittene Kenntnisse im Recherchieren, Lesen und Aufbereiten kultur- und medienwissenschaftlicher Quellen. Sie haben gelernt, kulturwissenschaftliche Problemfelder eigenständig zu recherchieren und sowie diese auf ihren Verwendungszweck hin zu skalieren.
Further information about the exams:
Impulsreferat und Essay, 10 S.
Admitted Aids:
Alle fremden Gedanken, Sätze und Redewendungen, die Sie aus mündlichen oder schriftlichen Quellen (Radio, Film, Vortrag, Fernsehen, Youtube, Internet, Podcast, ...) beziehen, sollten Sie hinreichend kennzeichnen und nachweisen.
Mandatory literature:
- Andrea Beyer, Tom Hansing, Karin Werner (Hg.): Die Welt reparieren. Open Source als postkapitalistische Praxis, Bielefeld 2016.
- Jules Verne, 20.000 Meilen unter den Meeren, übers. u. hg. v. Volker Dehs, München 2009.
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